112-Franz Kafka, The Chopin Project und Transparent

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Gabriel Fauré wäre am 12. Mai 170 geworden
Berliner Philharmoniker wählten erstmal niemanden zum Nachfolger von Simon Rattle
In Wien übt man sich in Toleranz, und fängt schon mal bei den Ampeln an!
B.B. King ist tot

Gelesen

Franz KafkaBlumfeld, ein älterer Junggeselle (DigBib.Org)

Die Erzählung fängt damit an, dass sich Herr Blumfeld Gedanken darüber macht, sich einen Hund als Begleiter anzuschaffen. Wegen der zu erwartenden Unannehmlichkeiten verwirft er diese Idee aber wieder.
Als er sein Zimmer betritt, sind dort zwei Tischtennisbälle, die ohne Fremdeinwirkung auf und ab springen. Von nun an halten sie sich immer knapp hinter ihm und lassen sich nicht abschütteln. Er versucht sie zu einzufangen, was ihm sogar bei einem von ihnen gelingt, dann wiederum findet er es „zu entwürdigend, solche Maßnahmen gegen zwei kleine Bälle zu ergreifen“ und gibt es auf sie zu fangen. Nicht ohne den Hintergedanken, dass er sie sehr zeitnah zerstören wird. Da die Bälle auch des Nachts unter seinem Bett auf und ab springen, legt er zwei Teppiche unter sein Bett, um die Geräusche zu dämpfen. Am nächsten Morgen sperrt er die Bälle in seinem Kleiderschrank ein, bevor er seinen Weg zur Arbeit antritt. Da er die Bälle nach seiner Rückkehr nicht mehr vorfinden möchte, beschließt er, sie dem Jungen seiner Putzfrau zu schenken, und sagt den Kindern aus dem Haus, sie mögen sich die Bälle aus seinem Zimmer zu holen.
Auch in seinem Beruf als Angestellter in einer Wäschefabrik, der Heimarbeiterinnen abfertigt und auszahlt, ist er nicht glücklich. Nach langen Kämpfen hat man ihm zur Unterstützung zwei Praktikanten zugewiesen. Aber er ist unzufrieden mit den doch sehr kindlichen Helfern. Es kommt zu sehr skurrilen Szenen, in denen er nur schwer alles unter Kontrolle hält. Eine wunderbare Erzählung, die das Scheitern und die Einsamkeit auf ganzer Linie thematisiert.

Gehört

Ólafur Arnalds (Homepage)/Alice Sara Ott (Homepage) – The Chopin Project (Spotify)

Es handelt sich hier um Aufnahmen von Chopins Klavierkompositionen, sowie Eigenkompositionen von Arnalds nach Motiven von Chopin. In einem Fall, nämlich beim Nocturne in C-Moll, ist sogar beides kombiniert, also eine Mischung aus eben jenem Werk Chopins kombiniert mit eigenen kompositorischen Ideen Arnalds. Er verwendete verschiedene historische Klaviere, die er alle an verschiedenen Orten mit verschiedenen Mikrofonen aufgenommen hat. Das trägt natürlich zu dieser sehr eigenen Atmosphäre bei, die dieses Album umgibt. Dazu gibt es eine Ambient-Klanglandschaft aus allerlei Geräuschen, die dem ganzen übergestülpt werden. Zwei immer wiederkehrende Themen umrahmen das Album. Das wirkt manchmal ein wenig überladen. Streicher und Chopin, das ist nicht ganz ungefärlich, da wird es leicht kitschig. Nicht immer gelingt es den beiden, das zu verhindern. Trotzdem verdient dieses Album viel Lob, denn es ist ein Versuch, eine Idee, die erstmal da sein muss. Die Umsetzung ist mutig, denn in der Form gab es das wohl so noch nicht. Insofern ist es vielleicht der Anfang von etwas. Wunderbare Idee, die vielleicht noch ein oder zwei Alben braucht bis sie zu dem wird was sie vielleicht werden soll. Nichtsdestotrotz, wundervolle Musik.

Gesehen

Transparent – Staffel 1 (IMDb)

Transparent (schon der Titel ist genial!) erzählt die Geschichte der Familie Pfefferman, deren Vater zu Beginn der Serie seiner Familie eröffnet, dass sie sich schon immer als Frau identifizierte und nun auch als solche leben möchte. Ihre drei Kinder, Sarah, Josh und Ali sowie der Rest der Familie gehen damit sehr unterschiedlich um und im Verlauf der Serie wird klar, dass Gender, Geschlecht, Sexualität, Intimität nur einige der vielen Faktoren sind, die einen Menschen ausmachen und uns beim Finden und Konstruieren unserer Identität immer wieder vor zwischenmenschliche Herausforderungen stellen – und nie so einfach und eindeutig sind, wie es uns die Gesellschaft häufig vorspielt.
Unfassbar, was Amazon da in Eigenproduktion geschaffen hat. Eine wahre Perle, etwas ganz Neues. Einfühlsam, vielfältig, komplex, witzig, traurig, menschlich, leidenschaftlich und sehr mutig – hier liegt Potenzial zur besten (Comedy-)Drama-Serie dieses Jahrzehnts und man möchte fast sagen, es läutet eine neue Ära des Qualitätsfernsehens ein. Die schauspielerische Leistung, allen voran des so charismatischen Jeffrey Tambor, die ehrlichen und mutigen Szenen menschlicher Intimität, der Humor, die zauberhafte Atmosphäre, der berührende Soundtrack, die vor Traurigkeit wie auch Freude zu Tränen rührenden Dialoge… und das alles, ohne auch nur einmal kitschig zu werden! Es gibt einfach nicht genug Klee, über den man diese Serie loben müsste. Sie reißt Wunden auf und sie heilt zur gleichen Zeit. Das einzige Manko ist, dass die erste und bisher einzige Staffel nach 10 Folgen, also ca. 5 Stunden, viel zu schnell vorbei ist!

Empfehlungen

22. Mai um 20.10 Uhr im DLF Best of Mao, Hitler, Stalin – Diktatoren als empfindsame Künstler
31. Mai um 18.30 Uhr im DKultur: Traurigkeit und Melancholie
Chilly GonzalesChambers (Homepage) (Spotify)
– William Youn – William Youn plays Mozart Sonatas (Homepage) (Spotify)


4 Replies to “112-Franz Kafka, The Chopin Project und Transparent”

  1. Daniela

    Hallo Frau Kariert, hallo Herr Martinsen, ich höre euren Podcast noch nicht sehr lange und trotzdem habt ihr ab heute einen neuen „Fan“! Nach dem heutigen „Gehört “ höre ich jetzt wahrscheinlich die ganze Nacht Ólafur Arnalds. Danke für diesen tollen Tipp!

  2. Lars

    Liebe Feuilletöne, danke für diese töfte Sendung!
    Ich habe zwar leider noch nicht viel von „Transparent“ gesehen, aber es klingt, als könnte euch auch „Grace & Frankie“ gefallen. Das ist eine Netflix-Serie über zwei Paare um die 70. In der ersten Folge geben die beiden Ehemänner (gespielt von Martin Sheen und Sam Waterston) bekannt, dass sie seit 20 Jahren ein Verhältnis miteinander haben und heiraten wollen. Die beiden Frauen, um die sich die Serie letztlich dreht (gespielt von Jane Fonda und Lily Tomlin) können sich eigentlich nicht ausstehen, raufen sich aber zusammen, um das irgendwie gebacken zu kriegen. Die Serie ist (nach allem, was ich über „Transparent“ gelesen und gehört habe) nicht so tief, wie „Transparent“, sondern geht schon eher Richtung Sitcom (ohne eingespielte Lacher), aber das Ganze funktioniert recht gut und hat auch nachdenkliche Töne.

  3. Herr Martinsen

    Vielen lieben Dank, für das hübsche Lob. Feedback ist immer was tolles. Hab Dank dafür. Vielen Dank auch für den Tip.

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