Feuilletöne – Sendung 205 – Karl Jaspers, Junius, Analogie und Edradour 12
Der nächste Philosoph steht an, und es ist Karl Jaspers. Wir haben uns mit seiner ‚Einführung in die Philosophie‘ beschäftigt. Außerdem hörten wir ‚Eternal Rituals for the Accretion of Light ‚ von Junius, sahen den Kurzfilm ‚Analogie‘ und verkosteten einen 12-jährigen Edradour.
Gelesen
Karl Jaspers – Einführung in die Philosophie (YouTube)
1932 erschien das dreibändige Hauptwerk von Karl Jaspers, das er schlicht ‚Philosophie‘ nannte. Philosophie war aber für Jaspers keine Wissenschaft, da diese auf Beweisen basiert, auf allgemein anerkannten und überprüfbaren Erkenntnissen. Das ist nach Meinung Jaspers in der Philosophie nicht so. In der Philosophie gebe es keine beweisbaren Aussagen. Somit könne Philosophie auch keine Wissenschaft sein. Philosophie trete laut Jaspers da auf, wo Menschen wach werden. Philosophie ist das Gewahrwerden der eigenen Ohnmacht und Schwäche.
Jaspers unterschied also wissenschaftliche Wahrheit von philosophischen Wahrheiten. Während die wissenschaftliche Wahrnehmung also aufgrund von Nachweisen nachvollziehbar ist, könne man bei der philosophischen Wahrnehmung nicht von Beweisen sprechen, da sie sich auf transzendente Gegenstände wie Gott oder Freiheit richtet. Die Wissenschaft kennt Fortschritt, Philosophie laut Jaspers nicht. Philosophisch sei der heutige Mensch nicht weiter als Plato zu seiner Zeit, meinte Jaspers. Er wandte sich vehement gegen eine Philosophie, die mit der Wissenschaft wetteifern will und sich auf deren Methoden beschränkt. Dieses könne allein schon aufgrund der transzendenten Gegenstände nicht funktionieren. Wissenschaft sei methodische Erkenntnis, auf hypothetischer Basis zwingend gewiss und allgemeingültig im Sinne von Intersubjektivität. Wissenschaft sei begrenzt auf die Essenz der Menschen. Die Existenz aber bleibe unerfasst von der Wissenschaft.
Die absolute Wahrheit sei ein Aberglaube, wie sie z. B. im Marxismus, der Psychoanalyse oder den Rassentheorien gegeben ist. Hier seien Soziologie, Psychologie und biologische Anthropologie in Weltanschauungen verwandelt worden, also zu Idiologien geworden. In diesem Punkt war er Popper und Camus sehr nahe. Wichtige Einflüsse auf Karl Jaspers‘ Philosophie waren Kierkegaard, Spinoza, Nietzsche, Husserl und Kant.
Gehört
Junius – Eternal Rituals for the Accretion of Light
Junius ist eine amerikanische Post-Rockband aus Boston, Massachusetts, die sich 2003 gegründet hat. Bisher haben sie vier EPs und drei Alben veröffentlicht. Benannt ist die Band nach Junius, dem Pseudonym eines politischen Schriftstellers, der im späten 18. Jahrhundert lebte. Junius hat eine Vielzahl von verschiedenen musikalischen Einflüssen. Laut Band haben u.a. Sunny Day Real Estate, Cursive, Failure, Hum, Deftones, Mogwai, Hot Water Music, Tears for Fears und At the Drive-In die Band musikalisch geprägt. ‚Eternal Rituals for the Accretion of Light‘ ist das dritte Album von Junius. Es ist ein Post-Rock-Album, auf dem sich ein Marschthema durch das ganze Album zieht. Eigentlich mal wieder ein typisch untypisches Post-Rock Album, was zum Teil gar richtig politisch ist. Es wird nämlich gesungen!
Gesehen
Es handelt sich bei Analogie um einen Kurzfilm von Lukas Kunzmann. Es scheint sich um eine Traumsequenz zu handeln. Der bildlastige Film handelt von Krieg, der aber nicht so genannt wird und vom Nicht-Verstehen der eigenen Existenz.
Verkostet
Edradour 12
Zum vorerst letzten Mal sind wir heute bei der drolligen kleinen Distillery in den Highlands. Diesmal verkosten wir den 12-jährigen Single Malt, der ca. 7 Jahre in Bourbon Casks lag, um danach ca. 5 Jahre in Oloroso-Sherry-Fässern zu reifen. Und er trägt den Namen ‚Caledonia‘ aufgrund eines Songs von Dougie Maclean, der diesen Song im Jahre 1977 an einem Strand in der Bretagne schrieb, als er Heimweh nach Schottland hatte. Dieser Song gab dem Whisky seinen Namen.
Camus ist auch meine Bibel 🙂 Super Folge! Werde mir nun das Video mit Jaspers ansehen.
Hallo,
wie schön. Bin gespannt, ob Dir Jaspers gefällt. Danke für das Feedback! 🙂
Herr Martinsen
Vielen Dank für die bisherigen „Philosophen-Sendungen“. Informativ und unterhaltsam.
Habt ihr schon mal überlegt in der „Gesehen“-Rubrik auch existentialistisch angehauchte Serien mitaufzunehmen? (ich denke da z.B. an Westworld oder The Leftovers (mit dem genialen Soundtrack von Max Richter)).
Grüsse aus der Schweiz
Christian
Hallo Christian,
was Serien angeht, da müsste meine Kollegin was dazu sagen. Max Richter steht tatsächlich schon auf unserer sehr langen Liste. Vielen lieben Dank für Dein tolles Feedback!
Herr Martinsen
Oh, sehr gerne! Danke für die Anregung, Christian.
Im Moment sind wir hauptsächlich auf bei Netflix verfügbare Serien und Filme angewiesen, deshalb muss z. B. Westworld erstmal warten. Falls du aber noch weitere konkrete Empfehlungen hast, gern her damit! Ich durchstöbere derweil schonmal mit Existentialistenblick das Netflix-Programm.
mmmh. Bei Serien freu ich mich selbst über Empfehlungen oder Entdeckungen, die zu philosophischen (existentialistischen) Reflektionen einladen.
Leichter wird es wahrscheinlich, wenn man sich dem Thema anhand einzelner Schicksale von Seriencharakteren nähern würde. In der Movie-Ecke sieht es da vermutlich ergiebiger aus.
Aber zu eurer Kierkegaard – Sendung fällt mir noch die tolle Serie von Paolo Sorrentino „The Young Pope“ ein (2016 – mit Jude Law in der Hauptrolle).